Annette Marx und Andreas Engel: 04.05. – 01.06.2025
Verneigung vor der Wirklichkeit
Früh ist erkannt worden, dass das Ziel der Kunst nur die totale Abstraktion sein kann. Die totale Abstraktion ist das weiße, von steinerner Stille umgebene Grundrauschen. Diese Erkenntnis ist Anfang und Ende der Kunst zugleich. Es ist jedoch ohne Freude und Genuss, dieses steinerne Grundrauschen. Man versteht das Ende als Anfang und füllt die Leere und Unerschütterlichkeit der Erkenntnis des totalen Grundrauschens mit der Farbigkeit des Ausdrucks und Inhalts. Es ist die zweite Renaissance.
Andreas Engel
war Bauarbeiter, Barkeeper, Architekturstudent. Heute arbeitet er als Fotograf und Künstler. Seine Werke wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen im Saarland und in Rheinland-Pfalz gezeigt.

Urban Mining ist der Stoffwechsel der Gesellschaft. Bergbau im städtischen Bereich bedeutet, die Rückgewinnung und Umwidmung von Wirtschaftsgütern in Skulpturen, die in einem anderen Raum sichtbar gemacht werden. Urban Mining, ist finden, nicht suchen. Ich stoße auf: alte Puppen, weltberühmte Sehenswürdigkeiten, Kassetten mit Südseezauber, Orangenschalen zum Kreuz gesteckt, Nagelbretter ohne Fakire, tanzende Alte, Arbeitswesten im Hühnerstall, die Wiege der Demokratie, Kaugummiautomat, 3 Kinder, Illusionen einer Stadt, Fenster vergehen, Vorhang auf, leckeres Eis, Zuschauer vor Wolken und Landschaft, ich komme gleich, Porno hilft, Frischelädchen, Textbild, Erdbeerernte, Lattenzaun, Tierheim, im Kommunikationszentrum befindet sich ein Mantel und ein Feuerlöscher, das Blau des Wasserturms, Mund, Herz und rote Schuhe, Giebel. All diese Dinge, Fundstücke aus dem Steinbruch oder Müllhalde menschlichen Zusammenseins, werden als Großfotos in dem definierten Raum gebrochen, zerstückelt, fraktioniert, untergebracht. Dies ist nicht der Versuch, einen neuen Subtext herzustellen, sondern dient der Konkretisierung.
Annette Marx
lebt und arbeitet in Saarbrücken.
Sie hat seit 2012 ihr Atelier in der Cecilienstrasse im Nauwieser Viertel in Saarbrücken und ist Mitgründerin des SommernachtsRaumKollektiv.
Ihre Arbeiten stellt sie seit vielen Jahren in Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Luxemburg, Spanien aus (Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen).

Ist das, was ich sehe, die Wirklichkeit?
Ist Schönheit die Wirklichkeit? Ist Hässlichkeit die Wirklichkeit? Ist die Vergangenheit die Wirklichkeit? Ist die Zukunft die Wirklichkeit? Ist Wirklichkeit von Dauer oder ist sie vergänglich? Ist die Wirklichkeit fix oder fluid? Wie viele Wirklichkeiten kann ein Mensch erfahren und vertragen? Oft sind die Dinge anders, als sie scheinen. Aber ins Bild gesetzt, erheben sie den Anspruch wirklich zu sein.
Ob ich mich durch postindustrielle Räume oder die Natur bewege, ich versuche die Schönheit des Gesehenen in meiner Wirklichkeit wahrzunehmen, die Gesamtanmutung einzuatmen, die Verletzlichkeit aufzunehmen.
In meinen Bildern greife ich die gesehenen Formen auf, ein Vorgang der Akkumulation und Adaption. In meinen abstrakten aber auch bisweilen gegenständlich anmutenden Werkreihen verwende ich Fotos, Papiere, Siebdrucke als Collagen, die auf die Leinwand gebracht und mit Acrylfarbe und Kreide spielerisch ergänzt werden.
Fotos, Farbe und Linienspiel fusionieren dabei und werden zu einem gleichermaßen kraftvollen und fragilen Ganzen, eben im Sinne der Gesamtanmutung eines wirklich gesehenen Fundstücks.
Durch die Intervention mit Farbe und Linie entsteht etwas Neues gegen die Verlorenheit. Als Teil meiner sichtbaren Wirklichkeit.


